Männer

Mit einer Hand wischt sie über den Spiegel, der jetzt nach dem Baden beschlagen ist. Sie steht davor und kämmt sich ihre nassen Haare nach hinten. 
Immer wenn sie das tut, sieht sie so mädchenhaft aus und ihr Gesicht wirkt viel schmaler. 
Sie greift in eine Dose, nimmt sich ihre goldene Spange heraus und steckt sich die Haare hoch. Hätte sie das schon vor einer guten Stunde so gemacht, hätte er nicht wieder laufend ihre Haare im Mund gehabt. Sie saß auf ihm und preßte ihr Becken gegen das seine. Und immer wenn sie sich seinem Gesicht näherte, peitschte ihm ihre Mähne entgegen. Öffnete er seinen Mund, um seine Leidenschaft heraus zu stöhnen, angelte er kurz darauf genervt mit zwei Fingern eines ihrer Haare von seiner Zunge. Er liebt ihre wundervollen Haare, aber in diesen Momenten wüßte er sehr gerne eine Schere neben sich zu haben. Aber diese Augenblicke haßte er und das machte ihn wild.
Nur, er konnte es ja nicht wissen; sie tat es mit Berechnung. Alles was sie tat!
Mit ihren Nägeln an den Fingern konnte sie ihn bis in den Wahnsinn treiben und sie knabberte nicht nur an seinen Ohrläppchen, nein sie nagte an ihnen, wie eine hungrige Maus.
Alles was sie tat, was sie ihm antat, das machte ihn rasend.
Aber nur so machte es ihr Vergnügen, so konnte sie je ihre Begierde stillen. Täte sie es nicht, käme ihr das alles hier nur wie ein flacher und abgestumpfter Wind vor.
Sie forderte stets den tosenden Orkan, zu dem sie ihn bis zur Ekstase reizen vermochte.
Sie legt ihre Bürste in das Schubfach zurück und öffnet das Fenster, damit der Nebel aus dem Bad entweichen kann. Sie wickelt sich aus dem Handtuch und streift sich das Nachthemd über. Noch ein letzter flüchtiger Blick in den Spiegel.
»Was weißt du Mann schon von mir? Du denkst DU bist es, dabei bin ich es, die dich bis aufs Blut zum Kochen bringt. Meine Haut, mein Duft, mein Körper und meine Haare.« Mit diesem triumphierenden Gedanken löscht sie das Licht im Bad. Hinter sich schließt sie die Tür und geht den Flur entlang in Richtung Schlafzimmertür, hinter der er liegt und sich seine Wunden leckt. 
Sie hält schon den Türknauf in der Hand, als sie eine Sekunde zögert. Ihre Augen beginnen zu funkeln und ein leises Lachen entrinnt ihr. Sie schlüpft aus ihrem Nachthemd, das lautlos zu Boden sinkt. Sie öffnet die Tür und baut sich in ihrer vollen Schönheit vor ihm auf. Er blickt auf und greift nach ihr, berührt sie, will sie bei sich haben. Sie duftet nach frischen Rosen und er weiß genau, daß ihre Haut sich wie Samt und Seide anfühlt.
Und als er sie zu küssen beginnt greift sie sich in ihr Haar und löst die goldene Spange.

„Sie macht mich neidisch. Sie macht mich neugierig auf sich. Ja, auch ich hasse es, wenn ich dauernd fremde Haare auf meiner Zunge verspüre. Aber ihr würde ich ohne jedes Zögern die Haarspange lösen. Kann sie einem Mann den Verstand ausschalten? Wie oft habe ich davon geträumt, einmal alles um mich herum zu vergessen, den Moment zu verdrängen und in Ekstase zu driften. Werden wir es gemeinsam erleben? Wann? H.J."

© by V.S.